Die Zukunft der Photovoltaik
Am 16. August 2023 beschloss das Bundeskabinett das Solarpaket 1. Mit Zustimmung des Parlaments tritt das neue Gesetzespaket am 1. Januar 2024 in Kraft. Es bringt weitere Verbesserungen für den PV-Ausbau in Deutschland mit sich.
Hintergründe zum Solarpaket 1 und 2
Mit dem Solarpaket zielt die Bundesregierung auf den Abbau bürokratischer Hemmnisse, die bislang den Bau, Betrieb und die Inbetriebnahme von PV-Anlagen erschwerten. Die Änderungen betreffen alle PV-Segmente.
Das Solarpaket 1 ist das Ergebnis eines umfangreichen Konsultationsprozesses. Unter Einbindung von Branchenvertretern, Unternehmen und Bürgern wurden vorab in einem *Praxischeck Hemmnisse, aber auch ungenutzte PV-Potenziale aufgespürt. Die Hürden sollen nun in einem Solarpaket 1 und 2 gezielt beseitigt sowie weitere PV-Nutzungsoptionen erschlossen werden. So sollen Investitionen in die Photovoltaik angeregt und der Solar-Ausbau weiter beschleunigt werden, damit Deutschland seine selbst gesteckten PV-Ausbauziele von insgesamt 215 Gigawatt (GW) installierter PV-Leistung bis 2030 erreichen kann.
„Wir brauchen mehr Tempo und weniger Bürokratie beim Solar-Ausbau und genau das setzen wir mit dem Solarpaket um.“ - Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck
Bis 2026 strebt die Bundesregierung eine Verdreifachung der Photovoltaik und eine Zubaurate von jährlich 22 GW an, um 2030 auf die 215 GW PV Leistung zu kommen. 2022 lag der Zubau bei 7,5 GW und 2023 wird ein Zubau von über 10 GW erwartet. Dabei soll der PV-Zubau mit 50 Prozent zur Hälfte auf bestehenden Dachflächen oder Lärmschutzwänden sowie die andere Hälfte PV-Leistung auf Freiflächen erfolgen.
PV-Gipfel und PV-Strategie bilden das Fundament des Solarpakets
Dem Solarpaket ging ein umfangreicher Prozess voraus, welchen das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) in die Wege geleitet hat. Auftakt bildete ein PV-Gipfel am 10. März 2023. Gemeinsam mit Vertretern der Branche, den Bundesländern und den Bundestagsfraktionen wurde eine PV-Strategie erarbeitet, die im Zentrum des zweiten PV-Gipfels am 5. Mai 2023 stand.
Das im August beschlossene Solarpaket 1 enthält ein Bündel an Maßnahmen, das die Ziele der PV-Strategie in konkrete Gesetze und Maßnahmen umsetzt. Weitere Maßnahmen sollen in einem Solarpaket 2 folgen. Mit dem Solarpaket 1 und 2 realisiert die Bundesregierung ihre PV-Strategie.
* Der Praxischeck ist ein Instrument zum Bürokratieabbau, mit dem aus Sicht von Bürgern und Unternehmen und nicht aus Paragraphen gedacht wird. Es soll dazu beitragen, Verwaltungsabläufe einfacher, transparenter und nachvollziehbarer zu gestalten. Außerdem soll es Anreize für wirtschaftliche Investitionen schaffen. Die Verfahren werden von Bürokratie entlastet.
Inhalt: Zentrale Punkte des Solarpakets 1
Das Solarpaket 1 enthält zahlreiche neue Regelungen. Sie betreffen alle PV-Segmente angefangen von der Gebäude-PV, über die Freiflächen-PV bis hin zu neuen Regelungen für die Netzanschlüsse (NELEV). Darüber hinaus wird die Teilhabe von Bürgern an der Energiewende gestärkt sowie landwirtschaftliche und naturschutzrechtliche Belange stärker berücksichtigt. Unternehmen, Landwirte, Bürger und Kommunen sollen künftig leichter in PV investieren können.
Das Solarpaket 1 enthält Änderungen für folgende PV-Segmente:
- Gebäude-PV
- Freiflächen-PV
- Netzanschlüsse
- Repowering
- Sonstige Regelungen
1. Neuregelungen für die Gebäude-PV
Erleichterter Zugang zur Direktvermarktung für PV-Anlagen bis 25 kW
Kleine private Dachanlagen sollen künftig deutlich einfacher und kostengünstiger in die Direktvermarktung einsteigen können. Dazu werden die Anforderungen an die technische Ausstattung von PV-Anlagen bis 25 kW gelockert. Gesetzliche Vorgaben zu den technischen Anforderungen kleinerer PV-Anlagen sind demnach überflüssig. Damit müssen Direktvermarktungsunternehmen in der Regel erst bei größeren Anlagen steuernd eingreifen. In bilateralen Verträgen kann sich dennoch auf eine Steuerbarkeit von Anlagen, zum Beispiel über einen Smart Meter verständigt werden.
Lockerungen bei der Direktvermarktungspflicht für Gewerbe-PV
Bisher waren Anlagen mit einer Leistung von mehr als 100 kW zur Direktvermarktung verpflichtet. Künftig können Anlagenbetreiber, die einer Direktvermarktungspflicht unterliegen, ihre PV-Stromüberschüsse ohne eine Vergütung an den Netzbetreiber weitergeben. Eine Vergütung für die Überschüsse erfolgt nicht. Im Gegenzug fallen auch keine Direktvermarktungskosten an.
Von der Änderung profitieren Anlagenbetreiber mit einem hohen Eigenverbrauch, da sie nun ihre Dachkapazitäten stärker ausschöpfen können. In der Vergangenheit wurden PV-Anlagen kleiner dimensioniert, um eine Direktvermarktungspflicht zu umgehen. Der damit verbundene Aufwand und die Kosten lagen oft über den Erlösen.
Mit der Einführung einer „unentgeltlichen Abnahme“ entfallen die Kosten für die Direktvermarktung, was die Errichtung gewerblicher PV-Anlagen deutlich attraktiver macht. Zudem enthält das Solarpaket 1 Vereinfachungen bei der sogenannten Anlagenzusammenfassung. Ein Zubau neuer Dachanlagen an separaten Anschlusspunkten führt nicht länger unmittelbar zum Überschreiten von Schwellenwerten.
Erleichterung bei Mieterstrom und Einführung eines neuen Modells für Wohn- und Nichtwohngebäude sowie Quartiere
Die Umsetzung von Mieterstrommodellen in Wohngebäuden gestaltete sich in der Vergangenheit oft als bürokratisch und herausfordernd. Daher setzte sich das Modell Mieterstrom bislang wenig in der Breite durch, obwohl es auch Mietern Zugang zu günstigem Sonnenstrom verschaffen könnte.
Folgende Verbesserungen sind im Solarpaket 1 beim Mieterstrommodell vorgesehen: Mieterstrom soll künftig auch auf gewerblichen Gebäuden und Nebengebäuden wie Garagen gefördert werden. Voraussetzung dafür ist, dass der Stromverbrauch ohne eine Netzdurchleitung erfolgt. Zudem entfällt der bürokratische Aufwand für die Prüfung des Förderanspruchs durch den Verteilnetzbetreiber und werden die Regeln zur Anlagenzusammenfassung vereinfacht. Dies stellte bislang eine hohe Hürde bei der Quartiersversorgung mit Solarstrom dar.
Neben dem Mieterstrommodell soll es künftig ein weiteres Modell für Photovoltaik Anlagenbetreiber von Gebäuden geben. Mit der Einführung der „Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung“ soll ohne hohen bürokratischen Aufwand direkt verfügbarer Solarstrom barrierefrei an Wohnungsmieter und -eigentümer sowie Gewerbekunden weitergegeben werden können. Mit dieser Gesetzesänderung müssen sich Anlagenbetreiber nicht länger, wie beim Mieterstrommodell, um die vollständige Stromversorgung der Abnehmer kümmern. Der Abschluss eines Stromvertrags für die Reststromversorgung der Nutzer entfällt. Die Stromabnehmer kümmern sich selbst um ihre Reststromversorgung und schließen hierfür einen Vertrag mit einem Energieversorger ihrer Wahl ab.
Somit erleichtert die „Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung“ die Weitergabe des Solarstroms bei Wohn- und Nichtwohngebäuden. Sie ist ein eigenständiges Modell, bei dem kein Mieterstromzuschlag gemäß §21 Absatz 3 EEG gewährt wird. Der Strom kann mittels eines Gebäudestromnutzungsvertrages an die Mieter und Nutzer von Gebäuden verkauft werden. Den zusätzlichen Strom beziehen die Verbraucher von ihrem selbst gewählten Versorger. Die Versorgung ist jedoch auf das Gebäude begrenzt und damit auf eine Nutzung des Stroms hinter dem Netzverknüpfungspunkt. Dadurch können für einzelne Gebäude Potenziale zur Sektorenkopplung erschlossen werden, da dies eine Nutzung des PV-Stroms für die Wärmeversorgung oder zum Laden von Elektrofahrzeugen anreizt.
Unkomplizierte Inbetriebnahme von Balkonanlagen
Wesentliche Erleichterungen enthält das Solarpaket 1 für die sogenannten Stecker-Solar-Geräte, deren Leistung auf 2000 Watt begrenzt ist und die nicht mehr als 800 Watt Solarstrom erzeugen. Sie bilden im Solarpaket 1 rechtlich eigenständige Anwendungsfälle und werden von größeren Solaranlagen unterschieden. Damit sie möglichst unkompliziert in Betrieb genommen werden können, ist eine Meldung beim Netzbetreiber nicht länger nötig.
Die Notwendigkeit einer Anmeldung im Marktstammdatenregister bleibt zwar bestehen, allerdings in vereinfachter Form. Es sind nur noch wenige Angaben zu machen. Ebenso ist bei der Inbetriebnahme der Geräte ein Zählerwechsel nicht länger zwingend erforderlich und müssen auch keine intelligenten Messsysteme, wie Smart Meter verbaut werden. Übergangsweise kann bis zum Einbau eines geeichten Zweirichtungszählers auch ein rückwärtsdrehender Stromzähler verwendet werden. Welche Stecker künftig für Balkonkraftwerke zulässig sind, wird eine technische Norm des VDE festlegen.
2. Neuregelungen für die Freiflächen-PV
Ausweitung der Flächenkulisse unter Berücksichtigung von Landwirtschaft und Naturschutz
Die Hälfte des 215 GW PV-Ausbauziels soll durch Freiflächenanlagen gedeckt werden. Um die hierfür nötigen Flächen zu erschließen, enthält das Solarpaket 1 Regelungen für einen nachhaltigen Flächenausbau. Unter Berücksichtigung landwirtschaftlicher und naturschutzfachlicher Interessen soll die Flächenkulisse erweitert werden. Schutzgebiete nach dem Bundesnaturschutzgesetz sind jedoch weiterhin von einer EEG-Förderung ausgenommen.
Die Ausweitung der Flächenkulisse erfolgt durch eine gezielte Einbindung von landwirtschaftlichen Flächen in sogenannten benachteiligten Gebieten. Hier erfolgt mit dem Solarpaket 1 eine grundsätzliche Freigabe für den Bau von PV-Freiflächenanlagen. Einzelne Bundesländer können der Regelung widersprechen, wenn bereits ein bestimmter Anteil der landwirtschaftlich verfügbaren Fläche für die PV-Stromerzeugung genutzt wird.
Der Wert für die sogenannte „Opt-Out-Option“ für die Länder liegt bis zum 31.12.23 bei einem Anteil von 1 Prozent der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche und ab dem 1.1.2024 bei 1,5 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche eines Landes. Bis zum Erreichen dieses Schwellenwertes ist eine Freigabe der Fläche zur PV-Nutzung grundsätzlich erteilt und kann nur durch aktives Eingreifen verhindert werden. Insgesamt ist der Zubau auf landwirtschaftlichen Flächen in Deutschland jedoch auf maximal 80 GW Photovoltaik bis 2030 beschränkt. Das entspricht in etwa 0,5 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche Deutschlands.
Förderung der Doppelnutzung von Flächen durch besondere PV-Anlagen plus Zusatz-Boni
Als besonders flächenschonend erweisen sich besondere Photovoltaik-Anlagen, wie die Agri-PV, Floating-PV, Parkplatz-PV oder Moor-PV. Sie ermöglichen eine Doppelnutzung von Freiflächen. Daher werden sie gezielt durch Einführung eines eigenständigen Auktionssegments für Ausschreibungen im Solarpaket 1 gefördert. Allerdings erfolgt die Ausschreibung im Rahmen der bereits bestehenden Ausschreibungsvolumina und damit, ohne Beanspruchung zusätzlich weiterer Flächen. Die besonderen PV-Anlagen sollen mit bis zu 3000 MW pro Jahr zum PV-Ausbau in Deutschland beitragen.
Zudem wird für die extensive Bewirtschaftung von Agri-PV-Anlagen eine Bonus-Förderung eingeführt, beispielsweise für Anlagen mit spezieller Bauweise, zum Beispiel bei vertikal errichteten Modulen oder einer Aufständerung in Höhe von mindestens 2,10 Metern. Neben solch technischen Aspekten wird bei der Förderung auf die Art der Flächennutzung geschaut. Belohnt wird zudem ein sparsamer Einsatz von Stickstoffdüngern, der Verzicht auf Herbizide oder das Anlegen von Blühstreifen auf mindestens fünf Prozent der Fläche.
Die Kriterien für eine besonders naturverträgliche Freiflächen-PV werden bis zum Frühjahr 2024 geprüft und sollen anschließend in eine entsprechende Verordnung überführt werden, welche die ökologischen und technischen Anforderungen für die sogenannte Biodiversitäts-PV festlegt.
3. Neuregelungen für Netzanschlüsse
Neuregelung der Rechte und Pflichten beim Verlegen von Anschlüssen
Bislang gestaltete es sich mitunter schwierig und langwierig, auf Grundstücken und Verkehrswegen neue Anschlussleitungen zu verlegen. Grundstückseigentümer und Verkehrsträger mussten zunächst ihre Erlaubnis erteilen und individuelle Verträge ausgehandelt werden. Mit der Gesetzesänderung im Solarpaket ändert sich das Recht dahingehend, dass das Legen von Anschlussleitungen für Erneuerbare-Energien-Anlagen auf Grundstücken und Verkehrswegen grundsätzlich gilt. Zugleich beinhaltet es die Pflicht einer Entschädigungszahlung. Diese beträgt 5 Prozent des Verkehrswertes der in Anspruch genommenen Schutzstreifenfläche.
Vereinfachung des Netzanschlussverfahrens für kleine und mittlere PV-Anlagen
Eine weitere Änderung im Solarpaket 1 betrifft das vereinfachte Netzanschlussverfahren. Bislang galt dieses für kleine PV-Anlagen bis 10,8 kW. Es wird nun auf PV-Anlagen bis 30 kW ausgedehnt. Für mittlere PV-Anlagen gibt es ebenso Erleichterungen. So wurde die Anlagenzertifizierung für PV-Anlagen ab 135 kW überarbeitet. Sie greift nun erst bei einer Einspeiseleistung ab 270 kW oder einer installierten Leistung von mehr als 500 kW. Unterhalb dieser Werte soll ein einfacher Nachweis über Einheitenzertifikate ausreichen.
Einrichtung einer Datenbank für Einheitenzertifikate
Zudem soll künftig das Netzanschlussverfahren massentauglich ausgestaltet sein. Gesetzliche Änderungen im Solarpaket 1 schaffen hierfür die notwendigen Voraussetzungen. So soll es eine Datenbank für Einheitenzertifikate geben. Damit werden auch die Regelungen zu den Vereinfachungen bei den Anlagenzusammenfassungen ergänzt, die bereits in die laufenden gesetzgeberischen Änderungen eingebracht wurden. Außerdem enthält das Gesetz Vereinfachungen bei den sogenannten Anlagenzusammenfassungen. Beim Zubau neuer Dachanlagen an einem separaten Anschlusspunkt führt dies nicht länger zum Überschreiten von Schwellenwerten.
Mit der Schaffung eines Registers für Einheiten- und Komponentenzertifikate soll der Netzbetreiber künftig über eine Registrierungsnummer auf alle notwendigen Informationen zugreifen können. Er muss die Daten nicht mehr selbst recherchieren und kann sich ebenso über den Gültigkeitsstatus des jeweiligen Zertifikats informieren, sondern kann auf die Richtigkeit der Zertifikate und den ausgewiesenen Status vertrauen. Eigene Prüfungen entfallen.
Das Register soll sicherstellen, dass alle in Deutschland gültigen Zertifikate und damit auch alle anzuschließenden Einheiten und Komponenten an einer zentralen Stelle geführt werden. Hierdurch wird eine transparente und für alle Marktteilnehmer verbindliche Grundlage für das Betriebserlaubnisverfahren gelegt. Im 1. Quartal 2024 soll das Register an den Start gebracht werden.
4. Repowering
Neuregelung von Repowering bei PV-Dachanlagen
Mit Repowering ist die Modernisierung von PV-Anlagen gemeint. Es ermöglicht Leistungssteigerungen von PV-Anlagen, indem ältere und damit weniger leistungsstarke Module durch neue leistungsstärkere Module ersetzt werden. Für die Freiflächen-PV sind rechtliche Anpassungen zum Repowering bereits mit der EEG-Novelle erfolgt.
Das Solarpaket 1 enthält nun auch Neuregelungen für PV-Dachanlagen. So muss nicht länger ein technischer Defekt oder ein vorliegender Schaden Anlass zum Modulaustausch sein. Effizientere Module können unabhängig dessen jederzeit eingesetzt oder erneuert werden, ohne dass Anlagenbetreiber den Verlust der ursprünglichen Einspeisevergütung für die Ursprungsleistung befürchten müssen.
5. Sonstige Regelungen
Regelung der EEG-Förderung im Außenbereich von Gebäuden
Die bestehende EEG-Regelung, die einen Bau von Gebäuden mit dem Zweck der Errichtung und des Betriebs von PV-Anlagen untersagt, wird weiter fortgeführt. Jedoch ändert sich der Stichtag, auf den die Regelung zutrifft. Er wird auf den 1. März 2023 verschoben. Eine EEG-Förderung auf Gebäuden im Außenbereich ist begrenzt zulässig. Dächer von bereits bestehenden Gebäuden können kostendeckend mit PV belegt werden.
Rechtstechnische Klarstellungen und Erleichterungen
Das Solarpaket 1 der Bundesregierung enthält darüber hinaus eine Vielzahl kleinerer Änderungen, die Erleichterung bieten sollen. Zudem gibt es viele rechtstechnische Klarstellungen zu Fragen, wie der finanziellen Beteiligung, Zuschlagsverfahren, Garten-PV, dem Betrieb von Voll- und Teilspeiseanlagen auf ein- und demselben Grundstück.
Auswirkungen des Solarpakets 1 auf die NELEV
Die gesetzlichen Änderungen im Solarpaket 1 wirken sich auf die Elektrotechnische-Eigenschaften-Nachweis-Verordnung – kurz NELEV aus. Infolgedessen hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz auch diese angepasst. Sie muss nun von der EU-Kommission notifiziert werden. Die bislang strengen Regelungen für den Netzzugang gewerblicher PV-Anlagen in den mittleren Leistungsklassen werden damit gelockert. Die Änderung der NELEV schafft so eine rechtssichere Möglichkeit für Anlagenbetreiber von Erzeugungsanlagen bis 500 kWp auf die bislang verpflichtende aufwendige Anlagenzertifizierung zu verzichten.
Zeitnah soll auch eine Überarbeitung der Technischen Anschlussregeln (TAR) erfolgen, um eine Anwendung der Ausnahmeerweiterung schnellstmöglich zu gewährleisten. In der Übergangsphase werden einige wenige technische Anforderungen in vereinfachter Form in der Energieanlagen-Anforderungen-Verordnung (EAAV) geregelt. Diese soll im November vom Bundeskabinett beschlossen werden.
Weitere Anpassungen im Solarpaket 2
Viele Hemmnisse, die für kleine PV-Anlagen sowie mittelgroße PV-Anlagen ab 100 kWp bestanden, sollen mit dem Solarpaket 1 der Vergangenheit angehören. Neue Fördermodelle für die Gewerbe- und Freiflächen-PV, die Erschließung von Flächen, die Vereinfachungen bei den Netzanschlüssen und den Nutzungsmodellen sorgen für Erleichterung und Entbürokratisierung. Vieles wird im Solarpaket 1 angepackt. Dennoch bleiben gesetzliche Lücken und einige Hemmnisse weiterhin bestehen. Um hier weitere Maßnahmen der PV-Strategie in gesetzliche Regelungen zu überführen, arbeitet das BMWK an einem weiteren Solarpaket 2.
Bei diesem sollen die Vergütungsstrukturen geprüft werden. Kleine Agri-PV-Anlagen bis zu 1 MW und Bürgerenergieanlagen bis zu 6 MW sollen eine gezielte Förderung erhalten. Auch bei der Floating-PV soll der Zubau erleichtert werden. Dazu sind Änderungen am Wasserhaushaltsgesetz nötig. Neben Erleichterungen auf Ebene der Bauleitplanung soll es Vereinfachungen bei den Baugenehmigungsverfahren für PV-Freiflächenanlagen geben. Geplant sind klarere und bundesweit einheitliche Genehmigungskriterien. Ebenso sollen die Fristen für die Genehmigungsverfahren auf den Prüfstand gestellt werden.
Fazit: Solarpaket 1 und 2 schaffen gesetzliche Grundlage für den PV-Ausbau in Deutschland
Das Solarpaket bringt wichtige Weichenstellungen für den PV-Ausbau in Deutschland auf den Weg. Zahlreiche Hemmnisse werden beseitigt und Marktbarrieren abgebaut. Durch den Praxischeck flossen Sichtweisen vielfältiger Akteursgruppen ein. Neben Branchenvertretern sind so auch die Interessen von Bürgern, Kommunen, Ländern, Landwirtschaft und Naturschutz vertreten. Zudem gibt es deutliche Erleichterungen für Anlagenbetreiber bei der Gebäude- und Freiflächen-PV. Die Ausnahmeregelungen bei der NELEV und die damit verbundenen Erleichterungen bei der Zertifizierung und Inbetriebnahme können künftig den Investitionsstau bei mittleren PV-Anlagen verringern. Zudem sollen weitere gesetzliche Änderungen und Anpassungen mit dem Solarpaket 2 folgen.
Die aktuelle Marktentwicklung stimmt zum Teil optimistisch. Die ersten gesetzgeberischen Änderungen, wie das Oster- und Sommerpaket 2022, welches in die EEG-Novelle 2023 mündete, zeigen erste Wirkung. So ist die Nachfrage nach PV gestiegen und gibt es deutliche Zuwächse bei der PV. Allein im ersten Halbjahr 2023 wurden fast 6000 MW an zugebauter Leistung verzeichnet. Das gesetzte Ziel von 9 GW für 2023 könnte bis Ende des Jahres sogar überschritten werden.
Um das Ausbautempo zu halten oder weiter zu erhöhen, braucht es nicht nur weitere Investitionen. Nötig ist ebenso ein wirtschaftspolitisches Umfeld, zu denen die Fachkräftefrage, die Verfügbarkeit von Ressourcen und Produktionskapazitäten ebenfalls zählen.
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FAQ - Wissenswertes zum Solarpaket I
Was ist das Solarpaket 1 der Bundesregierung?
Das Solarpaket 1 ist ein neues Gesetz für Solaranlagen, welches die Ziele der PV-Strategie der Bundesregierung in konkrete rechtliche Maßnahmen übersetzt.
Was beinhaltet das Solarpaket 1?
Das Solarpaket 1 beinhaltet zahlreiche Neuregelungen hinsichtlich aller PV-Segmente. Diese tragen zu einem Bürokratieabbau bei, erschließen neue Dach- und Freiflächenpotenziale, machen Investitionen in PV attraktiver und eröffnen Teilhabe an der Energiewende in Deutschland. Zudem vereinfacht und beschleunigt das Gesetzpaket Genehmigungs- und Netzanschlussverfahren.
Wann tritt das Solarpaket 1 in Kraft?
Das Solarpaket soll am 1. Januar 2024 in Kraft treten.
Ist das Solarpaket 1 beschlossen?
Das Solarpaket 1 wurde am 16. August 2023 vom Bundeskabinett beschlossen.
Was ist der Unterschied zwischen Solarpaket 1 und 2 der Bundesregierung?
Im Gegensatz zum Solarpaket 1, das bereits vom Bundeskabinett beschlossen und am 1. Januar 2024 in Kraft treten soll, befindet sich das Solarpaket 2 noch in der Erarbeitung. Mit dem Solarpaket 2 erfolgt eine Fortführung eines umfangreichen gesetzgeberischen Verfahrens zur Beschleunigung des PV-Ausbaus in Deutschland. Das Solarpaket 2 greift dazu weitere Aspekte auf, die einer Regelung bedürfen.
Was regelt die NELEV Verordnung im Zusammenhang mit dem Solarpaket 1?
Die Elektrotechnische-Eigenschaften-Nachweis-Verordnung (NELEV) ist ein Rechtsetzungsverfahren. Es regelt die Verfahren zum Nachweis der Einhaltung der allgemeinen technischen Mindestanforderungen des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) für den Netzanschluss von Erzeugungsanlagen und Anlagen zur Speicherung elektrischer Energie. Die NELEV wurde am 27. April 2017 vom BMWi veröffentlicht und trat am 1. Juli 2017 in Kraft. Die NELEV legt u.a. fest, dass ein Nachweisdokument für den Netzanschluss von Erzeugungsanlagen von akkreditierten Zertifizierungsstellen auszustellen ist. Weitere Infos zur NELEV - Verordnung zum Nachweis von elektrotechnischen Eigenschaften von Energieanlagen 1 gibt es online.