Photovoltaik-Strategie
Für einen beschleunigten Ausbau von Photovoltaik (PV) hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz den Entwurf einer PV-Strategie zur Konsolidierung veröffentlicht. In der PV-Strategie wurden 11 Handlungsfelder erarbeitet, die den Ausbau von PV stark beschleunigen sollen. Der Entwurf enthält u.a. das Handlungsfeld „Netzanschlüsse beschleunigen” sowie eine Reihe von Maßnahmen für einen zukünftig schnellen Netzanschluss für Photovoltaik-Anlagen in der Mittelspannung.
1. Strategisches Zielbild
Wir begrüßen das Zielbild, das darauf abzielt, das Verfahren für den Netzanschluss unter Ausnutzung der zur Verfügung stehenden Fachkräfte für alle Beteiligten zu beschleunigen, ohne Abstriche bei der Netzsicherheit und Bilanzierung zu machen. Es ist wichtig, dass der Prozess effizient und für alle Beteiligten, unabhängig vom individuellen Wissensstand, transparent gestaltet wird, um eine schnelle Bearbeitung von Anschlussbegehren sicherzustellen.
Um eine PV-Anlage in der Leistungsklasse 135 kW bis 950 kW an das Stromnetz anzuschließen, wird ein Anlagenzertifikat B gemäß der „Technischen Anschlussregel Mittelspannung” (VDE-AR-N 4110) benötigt, welches dem Netzbetreiber den netzkonformen Betrieb absichert.
Eine Abschaffung des Anlagenzertifikats in der Mittelspannung würde nur die Nachweispflicht von den Zertifizierungsstellen auf die Netzbetreiber verschieben, da die zunehmende Anzahl von PV-Anlagen in der Leistungsklasse 135 kW bis 950 kW einen deutlichen Einfluss auf die Netzstabilität hat.
Die bestmögliche Ressourcenausnutzung der zur Verfügung stehenden Fachkräfte und die Etablierung massentauglicher Verfahren sehen wir als wesentliche notwendige Schritte, um eine schnellere Bearbeitung zu erreichen. Nur mit flächendeckender Standardisierung und Digitalisierung von Prozessen kann der geplante Ausbau von PV-Anlagen bei gleichbleibender Netzqualität in Zukunft bewältigt werden. Zusätzlich kann die Nutzung von Automatisierung und digitalen Technologien Fehlerpotenzial deutlich minimieren und die derzeit langwierige Bearbeitungszeit verkürzen. Ein Großteil der aktuell langsamen Bearbeitung beim Netzanschluss in der Mittelspannung entsteht durch fehlerbehaftete oder vollständig fehlende Daten und das damit verbundene, nicht gerichtete Kommunikationsvolumen.
Verbindliche Fristen für alle Beteiligten können für einen reibungslosen und schnellen Netzanschluss ebenfalls von Vorteil sein, um das Verfahren weiter zu beschleunigen.
2. Umgesetzte Maßnahmen
Die Einführung des „Anlagenzertifikats unter Auflage“ im Sommer 2022 war ein wichtiger Schritt zur Bewältigung des Zertifizierungsstatus für Anlagen ab 135 bis 950 kW installierter Leistung. Die vorläufige Anbindung dieser Anlagen an das Netz ermöglicht eine schnellere Inbetriebnahme und trägt teilweise zu einer Beschleunigung des Prozesses bei.
Allerdings ist weiterhin ein großer Aufwand damit verbunden, alle erforderlichen Unterlagen und Daten bereitzustellen, um das Anlagenzertifikat zu erhalten. Zusätzlich wurde die Nachweispflicht lediglich verschoben und fällt nunmehr zu einem späteren Zeitpunkt in vergleichbarer Komplexität an.
Insgesamt ist eine Akzeptanz unter Auflage ein Schritt in die richtige Richtung, jedoch sollte weiterhin daran gearbeitet werden, den Zertifizierungsprozess zu vereinfachen und zu beschleunigen, um den Aufwand für alle Beteiligten nicht nur zu verschieben, sondern wesentlich zu minimieren und so einen schnelleren Anschluss von Anlagen an das Netz zu ermöglichen.
3. Geplante Maßnahmen
Standardisierung
Wir begrüßen mit Nachdruck eine Vereinheitlichung und Überprüfung der individuellen Anforderungen bzw. TAB (Technischen Anschlussbedingungen) der Netzbetreiber. Standards können das Zertifizierungsverfahren beschleunigen. Zertifizierungsstellen, aber insbesondere Netzbetreiber haben heute individuelle Anforderungen, die den Prozess für die Beteiligten extrem erschweren. Trotz der allgemein gültigen technischen Anschlussregel in der Mittelspannung (VDE-AR-N 4110) werden individuelle, teils nicht unbedingt technische notwendige Anforderungen durch die Netzbetreiber in den TAB und teilweise auch unterschiedliche Interpretationen der TAR (Technischen Anschlussregel Mittelspannung) durch die Zertifizierungsstellen in den Raum gestellt. Eine solche Individualisierung erschwert eine effiziente Bearbeitung der Netzanschlussbegehren erheblich.
Bereits eine Verpflichtung der Netzbetreiber zur Akzeptanz der allgemein gültigen technischen Anschlussregel in der Mittelspannung (VDE-AR-N 4110) anstatt oder zumindest gleichgestellt mit der jeweils individuellen Ausprägung wird einen deutlichen Einfluss auf die Prozessgeschwindigkeit beim Netzanschluss haben.
In ähnlicher Art und Weise können standardisierte Prüfprozesse das Potenzial für eine individuelle Interpretation von gelieferten Daten durch Zertifizierungsstellen stark abschwächen.
Frei zugängliche Datenbanken
Wir befürworten die Errichtung einer Datenbank für Einheitenzertifikate. Jedoch sollte die Datenbank mit Weitsicht und offen konzipiert, etwa u.a. Hersteller dazu verpflichtet werden, Datenblätter inkl. der nötigen Daten in einer verarbeitbaren Form an Schnittstellen bereitzustellen.
Frei zugängliche Datenbanken mit grundlegenden Informationen und Software-Werkzeuge, die diese Informationen verarbeiten, sparen den Beteiligten viel Zeit und sind ein wichtiger Schritt bei der Beschleunigung. Es entfallen das mühselige, zeitaufwändige Zusammentragen der Informationen und eine fehleranfällige, manuelle Dateneingabe.
4. Weitere Maßnahmen
Kollaborative, reibungslose Zusammenarbeit der verschiedenen Akteur:innen, sowie Transparenz der Prozessschritte und des Kommunikationsstands können den Zertifizierungsprozess beschleunigen – unabhängig davon, auf welcher Plattform sie stattfindet. Ein Großteil der Verlangsamung heute entsteht durch fehlerbehaftete oder fehlende Daten, die durch Planungsbetriebe, insbesondere auf Mittelspannungsebene, eingereicht werden sowie ungerichtete Kommunikation über verschiedene Kanäle. Standardisierte, schnelle Feedbackschleifen sind der Schlüssel zur Beschleunigung. Eine Verpflichtung der Zertifizierungsstellen und Netzbetreiber, auf Wunsch der Kund:innen eine kollaborative Plattform zu nutzen, sollte gefördert werden.
certflow setzt bei reibungsloser und kollaborativer Zusammenarbeit an! certflow hilft günstig, schnell und unkompliziert alle Daten und Informationen für jeden Schritt der Anlagenzertifizierung zusammenzustellen. Die Angaben werden automatisch geprüft und übersichtlich dokumentiert.
Schnittstellen helfen, Daten korrekt zu übernehmen und senken die Fehlerquote im Prozess. Aktuelle mangelt es an vielen Stellen an Schnittstellen zwischen den Akteur:innen. Daten müssen immer wieder manuell übertragen werden. Die Bereitstellung von Schnittstellen, um Informationen zu übermitteln und Unterlagen einfach und komprimiert für den Zertifizierungsprozess zu erhalten, könnte hier ein starker Beschleuniger sein. Darüber hinaus würde es weitere Beschleunigungspotenziale bieten, wie zum Beispiel mit Direktvermarktern.