NELEV-Reform: Veränderte Rahmenbedingungen bei der Anlagenzertifizierung
Sie fragen - wir antworten. Zu unserem Webinar “Neue Perspektiven für den PV-Ausbau: Die geplante Reform der Anlagenzertifizierung”, das wir gemeinsam mit dem Virtuellen Kraftwerk der EnBW auf die Beine gestellt haben, haben uns viele Fragen erreicht, die wir nachfolgend gerne beantworten. Zunächst einmal grundsätzlich ein paar Informationen zum Thema.
Hier geht es zu unserem Blogartikel Die Auswirkungen des Solarpakets 1 für Unternehmen.
Worum geht es im Webinar?
Mit dem verabschiedeten Solarpaket 1 und dem geplanten Solarpaket 2 ergeben sich für Fach- und Installationsbetriebe, Netzbetreiber, Zertifizierungsstellen und Anlagenbetreiber zahlreiche Änderungen. Unsere Experten Gratian Permien und Tobias Gehlhaar geben Ihnen Auskunft darüber, welche Anforderungen sich bei der Anlagenzertifizierung B nach VDE 4110 für Solaranlagen auf Gewerbe- und Industriedächern (135-950 kWp) mit der Gesetzesänderung ergeben, welche Anlagen betroffen sind und was es künftig zu beachten gilt.
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Die Zukunft der Anlagenzertifizierung - Was erwartet uns 2024?
Die wichtigsten Auswirkungen der NELEV-Reform für Fachbetriebe
- Vereinfachungen bei der Zertifizierung und Inbetriebnahme von PV-Anlagen bis 500 kWp
- Erweiterung des vereinfachten Netzanschlussverfahrens
- Einrichtung einer Datenbank für Einheitenzertifikate
- Repowering für PV-Dachanlagen
Weitere Informationen zum Solarpaket 1
Sie möchten mehr darüber erfahren, wie Deutschlands Solarpaket 1 die Zukunft der Photovoltaik gestaltet? Unser Blogartikel zum Solarpaket 1 der Bundesregierung gibt ein Blick hinter die Kulissen einer wegweisenden Initiative für einen beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien.
Fragen und Antworten zum Webinar
1. Anlagenzertifizierung
Entfällt mit der Reform der Anlagenzertifizierung nicht nur die Zertifizierungspflicht für kleinere Anlagen, sondern auch die Anforderung an einen EZA-Regler und den zwischengelagerten Entkupplungsschutz?
Für Anlagen mit einer kumulierten installierten AC-Leistung unter 270 kW entfallen sowohl die Notwendigkeit eines EZA-Reglers als auch die des zwischengelagerten Entkupplungsschutzes. Bei einem Netzverknüpfungspunkt in der Mittelspannung und einer kumulierten installierten Leistung zwischen 270 kW und 500 kW – mit einer Einspeisebegrenzung auf 270 kW – entfällt der EZA-Regler. Der zwischengelagerte Entkupplungsschutz bleibt jedoch bestehen, da er ein integraler Bestandteil des "Entkupplungsschutzes" gemäß VDE-AR-N 4110 ist.
Wie lange bleibt ein Anlagenzertifikat gültig?
Die Gültigkeit des Anlagenzertifikats bleibt unverändert bestehen. Es ist wirksam bis zur Ausstellung der Konformitätserklärung oder für einen Zeitraum von 12 Monaten nach der Inbetriebnahme der ersten neu zu zertifizierenden Erzeugungseinheit (EZE: Wechselrichter) in der Anlage (EZA), wie in den Kapiteln 3.1 und 3.8.1 der FGW TR8 festgelegt. Alternativ endet die Gültigkeit spätestens 6 Monate nach der Inbetriebnahme der letzten EZE in der EZA (gemäß Kapitel B.1.3 in der FGW TR8). Eine Verlängerung ist nach Absprache mit der Zertifizierungsstelle und dem Netzbetreiber möglich.
Während der Betriebsphase muss der Zertifikatsinhaber Änderungen an der Anlage unaufgefordert dem Zertifizierer melden (gemäß Kapitel 3.2 der FGW TR8). Theoretisch können Anlagenzertifikate auch von der Zertifizierungsstelle zurückgezogen werden.
2. Batteriespeicher und Wechselrichter
Wie wird bei AC-gekoppelten Speichern verfahren? Zum Beispiel bei einer 250 kW PV-Wechselrichter-Leistung und einer 100 kW Batterie-Wechselrichter-Leistung?
Batterien bzw. Speicher können entweder über separate Wechselrichter oder über einen gemeinsamen Wechselrichter (PV plus Speicher, DC-seitig verbunden) angeschlossen werden. In beiden Fällen ist ein Wechselrichter vorhanden. Jeder Wechselrichter wird als eigenständige Erzeugungseinheit betrachtet, und die AC-Leistungen können summiert werden. In einem Szenario, in dem der Speicher bei intensivem Sonnenschein geladen wird, verringert sich entsprechend die Einspeiseleistung. Im genannten Beispiel ergibt sich eine kumulierte installierte Leistung von 350 kW, wobei die maximale Einspeiseleistung bei 250 kW liegt (unter der Annahme, dass der Speicher bei intensiver Sonneneinstrahlung geladen wird). Ab dem nächsten Jahr könnte der Speicher-Wechselrichter theoretisch eine Leistung von bis zu 250 kW haben, solange nicht beide Wechselrichter gleichzeitig einspeisen. Das bedeutet, dass eine Überwachung der Einspeiseleistung erforderlich ist, und der Speicher-Wechselrichter darf bei intensiver Sonneneinstrahlung nicht ins Netz einspeisen (kann jedoch geladen werden).
3. Bestandsanlagen
Werden ältere 4105-Anlagen, beispielsweise 99 kW am getrennten NS-Trafo, aber derselben MS-Station mit gemeinsamem MS-Einspeisezähler, hinzugerechnet?
Antwort: Es gibt eine Ausnahme für ältere bestehende Anlagen, die vor dem 27.4.2019 genehmigt und vor dem 31.12.2020 in Betrieb genommen wurden. Diese Anlagen sind von einigen Punkten bei der Anlagenzertifizierung ausgenommen oder werden bei Erweiterungen im Anlagenzertifikat nicht berücksichtigt (ausgenommen für die Berechnung der kumulierten installierten Leistung, hier werden auch bestehende Anlagen berücksichtigt).
Beispiel 1:
Eine bestehende Anlage von 2018 mit 250 kW installierter AC-Leistung soll 2024 um weitere 300 kW erweitert werden. Ein Anlagenzertifikat wäre erforderlich (250 + 300 > 500). Bei diesem Zertifikat würden die alten 250 kW jedoch nicht berücksichtigt. Würde die Erweiterung nur 250 kW betragen, wäre ein Anschluss an die Mittelspannung, eine Einspeisebegrenzung auf 270 kW und ein Entkupplungsschutz erforderlich, um das Anlagenzertifikat zu umgehen.
Beispiel 2:
Eine bestehende Anlage von 2020: Die genauen Inbetriebnahmedaten und Textdetails müssen erneut überprüft werden, um festzustellen, ob die Ausnahmeregelung greift.
Beispiel 3:
Eine bestehende Anlage von 2017 mit 950 kW AC-Leistung soll um 250 kW erweitert werden. Hier muss ein Anlagenzertifikat erstellt werden (950 kW + 250 kW > 950 kW). Bei der Anlagenzertifizierung gibt es jedoch Vereinfachungen, da der Zertifizierer die bestehende Anlage nicht berücksichtigen muss.
Die genaue Regelung findet sich in NELEV:2024 §2 Absatz (5), wobei bestehende Anlagen ausgenommen werden, es sei denn, sie sind größer als 950 kW. Die Definition für "bestehende" Anlagen wird in § 118 Absatz 25 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes gegeben. Die NELEV:2024 besagt, dass elektrotechnische Eigenschaften von Erzeugungsanlagen, die unter § 118 Absatz 25 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes fallen, im Betriebserlaubnisverfahren von neu in Betrieb zu nehmenden Anlagen nach Artikel 29 der Verordnung (EU) 2016/631 nicht berücksichtigt werden. Dies gilt nicht für Erzeugungsanlagen mit einer kumulierten installierten Leistung von über 950 Kilowatt sowie für die Berechnung der maximalen Einspeiseleistung und die Berechnung der kumulierten installierten Leistung.
4. Einheitenzertifizierung
Wie lange sind ausgestellte Einheitenzertifikate gültig?
Einheitenzertifikate haben eine Gültigkeitsdauer von 5 Jahren, und daran hat sich nichts geändert. Diese Regelung findet sich in Kapitel 2.8 der FGW TR8. Die Ungültigkeit eines Einheitenzertifikats hat normalerweise keine Auswirkungen auf Anlagenzertifikate, die bereits vorher während der Gültigkeitsphase des Einheitenzertifikats ausgestellt wurden. Eine Ausnahme besteht, wenn sich die Netzanschlussregeln ändern oder die Anlage so modifiziert wurde, dass die Netzanschlussregeln nicht mehr eingehalten werden.
Was passiert, wenn der Hersteller ein abgelaufenes Einheitenzertifikat nicht verlängert?
In diesem Fall darf dieser spezifische Typ von Erzeugungseinheit (dieser Wechselrichter-Typ) nicht mehr in Deutschland ans Netz angeschlossen werden, weder als Neuanlage noch als Erweiterung. Diese Regelung betrifft jedoch nicht bestehende Anlagen, die vor dem Ablauf des Einheitenzertifikats eine Konformitätserklärung erhalten haben.
Was ist für den Entkupplungsschutz notwendig? Und wie steht der Zeitaufwand dafür im Vergleich zur kompletten Anlagenzertifizierung, die durchschnittlich 8 Monate dauert?
Grundsätzlich sind ein übergeordneter und ein zwischengelagerter Entkupplungsschutz erforderlich, bestehend aus jeweils einem Schaltgerät und einem Schutzgerät (Schutzrelais) sowie einer Messung mittels Wandler. Es besteht die Möglichkeit, bestehende Schaltgeräte und Wandler eventuell weiter zu nutzen. Detaillierte Informationen zum erforderlichen Umfang dieser beiden Entkupplungsschutz-Einrichtungen sind in Kapitel 10.3.3 der VDE-AR-N 4110 zu finden. Im Vergleich zur gesamten Anlagenzertifizierung, die durchschnittlich 8 Monate in Anspruch nimmt, kann der Zeitaufwand für den Entkupplungsschutz als vergleichsweise kürzer betrachtet werden.
Wie aufwendig ist die Umsetzung des Entkupplungsschutzes im Vergleich zur Anlagenzertifizierung? Was wird für den Entkupplungsschutz benötigt?
Die Implementierung des Entkupplungsschutzes ist in der Regel weniger aufwendig im Vergleich zur Anlagenzertifizierung. Während die Anlagenzertifizierung durchschnittlich etwa 8 Monate dauert, erfordert der Entkupplungsschutz weniger Zeit. Für den Entkupplungsschutz sind ein übergeordneter und ein zwischengelagerter Entkupplungsschutz erforderlich. Dies beinhaltet jeweils ein Schaltgerät und ein Schutzgerät (Schutzrelais) sowie eine Messung mittels Wandler. Es besteht die Möglichkeit, bestehende Schaltgeräte und Wandler eventuell weiter zu nutzen. Detaillierte Informationen zum erforderlichen Umfang dieser beiden Entkupplungsschutz-Einrichtungen sind in Kapitel 10.3.3 der VDE-AR-N 4110 zu finden. Insgesamt ist die Implementierung des Entkupplungsschutzes in der Regel schneller und weniger komplex im Vergleich zur umfassenden Anlagenzertifizierung.
Wird für Anlagen mit einer Leistung unter 270 kW und einem Anschluss an die Mittelspannung ein übergeordneter Entkupplungsschutz benötigt?
Ja, ein übergeordneter Entkupplungsschutz ist erforderlich.
Ab welcher Leistung ist ein übergeordneter Entkupplungsschutz erforderlich?
Ein übergeordneter Entkupplungsschutz wird erst ab einer Leistung von über 270 kW benötigt.
5. Gesetzliche und normative Rahmenbedingungen
Gelten die Rahmenbedingungen nur für Anlagen auf/an Gebäuden, oder müssen Freiflächenanlagen, Agri-PV-Anlagen, Carport-PV-Anlagen oder andere gleichermaßen zertifiziert werden? Gelten andere rechtliche Rahmenbedingungen?
Die Regeln sind für alle Anlagentypen identisch.
Unsere Zertifizierung zieht sich seit über 12 Monaten hin - bekommen wir alle Vergütungen seit Einspeisebeginn nachgezahlt?
Unseres Erachtens nach nicht, da keine zu vergütenden Mengen vorliegen.
Wann ist die Einführung der Vornorm ARN 4110-V zu erwarten, und welche Änderungen wird es geben?
Details dazu findet man auf den Internetseiten des VDE FNN. Informationen zu ARN 4110-V sind hier verfügbar. Die Änderungen beziehen sich auf Anlagenzertifikate des Typs C (Alternatives Verfahren, Einzelverfahren).
Gilt die EEG-Inbetriebnahme (Betriebsbereitschaft) als Inbetriebnahmedatum oder gilt der Zeitpunkt der Zählersetzung/des Netzanschlusses durch den VNB als Inbetriebnahmedatum im Sinne der Novelle und der Pflicht zur Vorlage eines Anlagenzertifikats?
Diese Klärung wird voraussichtlich durch den zukünftigen FNN-Hinweis erfolgen, der gegen Ende des Jahres veröffentlicht werden soll.
Falls die Anlage eine Einspeiseleistung von weniger als 270 kW hat, sollte man die Erzeugungseinheiten- und Komponentenzertifikate (EZE und Komp Zertifikat) direkt dem Netzbetreiber mitteilen oder sollten die Zertifizierer dies zuerst prüfen?
Da kein Anlagenzertifikat erforderlich ist, besteht kein Grund, einen Zertifizierer hinzuzuziehen. Eine umfassende Dokumentation kann über certflow erfolgen, und es ist wahrscheinlich auch möglich, direkt mit dem Netzbetreiber zu kommunizieren.
6. Inbetriebsetzung
Wenn das Inbetriebsetzungsdatum das "Zünglein an der Waage" ist, sind die bisher erhaltenen E.9-Formulare obsolet, wenn es beispielsweise um die Umsetzung von Systemschutz etc. geht?
Das wird durch den kommenden FNN-Hinweis geregelt. Wahrscheinlich ist die Umsetzung von E.9 erforderlich, wenn ein unterschriebenes Formular vorliegt. Möglicherweise wird das "Zünglein an der Waage" auch der Antrag beim Netzbetreiber sein, das letzte Wort liegt jedoch beim VDE-FNN.
7. Netzbetreiber-Angaben / E.9
Was verändert sich im E.9-Bogen? Wird dieser erst ab 270 kW / 500 kW erstellt?
Die genauen Veränderungen im E.9-Bogen werden durch den kommenden FNN-Hinweis geregelt. Wahrscheinlich ist der E.9-Bogen nur in Verbindung mit Anlagenzertifikaten erforderlich, jedoch liegt das letzte Wort beim VDE-FNN.
8. Neue Leistungs-Grenzwerte
Können wir bei den Grenzwerten 135 kW und 270 kW davon ausgehen, dass diese mit eingeschlossen sind oder ist es wirklich strikt <135 kW bzw.<270 kW?
Wir vermuten, dass die Grenzwerte eher als <= 270 kW zu verstehen sind. Dies müsste jedoch juristisch geklärt werden. Der Wortlaut in der Drucksache 456/23 besagt: "eine maximale Einspeiseleistung von 270 Kilowatt am Verknüpfungspunkt". Der alte Wert von 135 kW stammt aus der VDE-AR-N 4105, Seite 8, und gilt bei PAmax < 135 kW. Anlagenzertifikate sind dann im Umkehrschluss ab PAmax >= 135 kW erforderlich. Diese Festlegung stammt von der BNetzA und geht auf den NC RfG zurück Seite 2. Dort steht: Signifikanzklassen B und C ("Typ" in der Bedeutung des NC RfG): >= 135 kW. In der NELEV (alt und neu) wird für diese Signifikanzklassen B und C ("Typ" in der Bedeutung des NC RfG) ein Anlagenzertifikat gefordert.
Gelten die Anforderungen an die Zertifizierung nur für Anlagen unter 270 kW oder auch für Anlagen genau mit einer Leistung von 270 kW?
Ja, es wird ein Zertifikat benötigt, wenn die Größe der Anlage genau 270 kW beträgt. Die Festlegungen und Anforderungen beziehen sich auf eine maximale Einspeiseleistung von 270 Kilowatt am Verknüpfungspunkt, wie in der Drucksache 456/23 und den entsprechenden Regelungen der BNetzA und NELEV beschrieben. Daher liegt die Grenze nicht ausschließlich unter 270 kW, sondern beinhaltet auch genau diese Leistung.
Wird bei der Festlegung der Leistungsgrenze von 270 kW noch zwischen Generatortyp 1 und Typ 2 unterschieden, wie es derzeit der Fall ist?
Für die Erstellung von Einheitenzertifikaten durch die Hersteller gab und gibt es unterschiedliche Bewertungskriterien für Typ 1 (Synchrongeneratoren) und Typ 2 (andere) Erzeugungsanlagen. Soweit unser Wissen reicht, gilt dies jedoch nicht für Anlagen, und insbesondere sind uns keine diesbezüglichen Änderungen bekannt.
Spricht man bei den Grenzwerten, z. B. 270 kW, von der AC-Leistung der Wechselrichter?
- Wenn es um "Einspeisebegrenzung" oder "maximale Einspeiseleistung" geht, bezieht sich dies auf den aktuellen Wert der DC-Leistung, die ins Netz eingespeist wird und somit von der Sonneneinstrahlung abhängt. Detaillierte Informationen dazu finden sich im entsprechenden FNN-Hinweis.
- Wenn es um die "kumulierte installierte Leistung" geht, handelt es sich um die Summe aller Nennwirkleistungen (AC) aller am selben Netzanschlusspunkt installierten Erzeugungseinheiten, einschließlich aller Wechselrichter, BHKW-Anlagen, Windturbinen oder anderer Stromerzeuger. Auch hierzu wird es bis Ende des Jahres einen FNN-Hinweis geben, der jedoch leider aktuell noch nicht verfügbar ist, weshalb diese Aussage als vorläufig betrachtet werden muss.
Wie muss die 270 kW Ausspeiseleistung überwacht werden? Muss hier ein Schutzrelais die Ausspeisung überwachen und ggf. hart trennen, oder reicht der EZA-Regler, der Werte vom Messgerät am NVP bekommt und die Anlage entsprechend regelt?
Beides ist möglich. Alle Details dazu finden Sie im entsprechenden FNN-Hinweis.
Wird nach den neuen Regeln dann eine Anlage mit 250 kW nicht mehr auferlegt, im Rahmen der Mittelspannungsrichtlinie 4110 ans Netz angeschlossen werden muss, sondern nur noch nach VDE 4105?
Nein, das ist so nicht richtig. Alle Regeln müssen nach wie vor eingehalten werden. Welche das sind, ist abhängig vom Netzverknüpfungspunkt und neuerdings zusätzlich von der Einspeiseleistung (270 kW ist die Grenze).
1.) Liegt der Verknüpfungspunkt in der Mittelspannung, dann muss die Anlage gemäß §3 der EAAV folgendes erfüllen:
a.) bei Anlagen, die maximal 270 kW einspeisen, gilt die VDE-AR-N 4105 plus folgende beiden Punkte:
- Einhaltung der Einstellwerte für Frequenzvermögen und Frequenzschutz nach VDE-AR-N 4110
- Deaktivierung der Inselnetzerkennung
b.) bei Anlagen, die maximal 270 kW einspeisen, aber an deren Netzverknüpfungspunkt mehr als 270 kW AC-Nennleistung (Summe aller Erzeugungseinheiten) installiert ist, gilt a) plus folgende Punkte aus VDE-AR-N 4110
- Entkupplungsschutzeinrichtung (Verweis in die 4110 oben)
- fachgerechte Installation
- fachgerechte Inbetriebnahme
c.) bei Anlagen, die mehr als 270 kW einspeisen, gilt die VDE-AR-N 4110, und es ist ein Anlagenzertifikat erforderlich.
Bei einem Netzverknüpfungspunkt in der Niederspannung muss die VDE-AR-N 4105 eingehalten werden. Als Nachweis reicht bis 270 kW das Einheitenzertifikat.
Kommen bei einer Einspeiseleistung von unter 270 kW (maximal 500 kW kumulierte Leistung) künftig immer die Anwendungsregeln nach VDE 4105 zum Einsatz?
Nein, das ist nicht korrekt. Unter 270 kW Einspeiseleistung gelten primär die Anforderungen der VDE 4105. Zwischen 270 und 500 kW muss jedoch ein Entkupplungsschutz gemäß VDE-AR-N 4110 eingebaut werden. Zusätzlich müssen eventuell spezifische Einstellungen für den Frequenzschutz beachtet werden.
Gilt die 135 kW und 500 kW Grenze nur für Aufdachanlagen oder auch für Freiflächenanlagen? Ebenso die 270 kW Grenze?
Ja, die genannten Leistungsgrenzen gelten sowohl für Aufdachanlagen als auch für Freiflächenanlagen. Die 135 kW und 500 kW Grenzen beziehen sich auf die Anforderungen der VDE-AR-N 4105, während die 270 kW Grenze zusätzlich für Entkupplungsschutz gemäß VDE-AR-N 4110 relevant ist.
9. Schutz
Sind bei den Anlagen 135 kVA bis 500 kVA jetzt zwei Kuppelschalter notwendig? Reicht das Schutzgerät auf 4105 Ebene?
Ja, es sind zwei Schaltgeräte erforderlich, wie in Kapitel 10.3.3 der VDE-AR-N 4110 festgelegt. Das Schutzgerät auf der 4105-Ebene allein genügt nicht.
Bei Anlagen unter 500 kW: Darf der im Wechselrichter integrierte Kuppelschalter durch ein externes NA-Schutzrelais gesteuert werden, oder sind externe Leistungsschalter erforderlich?
Das ist nur zulässig, wenn es im Einheitenzertifikat ausdrücklich festgehalten ist, dass der Entkupplungsschutz, einschließlich des Schaltgeräts, im Wechselrichter enthalten ist.
10. ZEREZ
Wer ist für den Betrieb des ZEREZ verantwortlich, und ist der Zugang für alle möglich?
Das ZEREZ wird vom FGW e.V. betrieben. Der Zugang steht voraussichtlich allen offen, die eine entsprechende Rolle im System haben, und in begrenztem Umfang auch für Besucher:innen.
Muss ein Projektierer die Einheitenzertifikate nun ausschließlich bei einem Zertifizierer anfordern, und sind diese kostenpflichtig?
Nein, ein Projektierer kann die relevanten Daten aus den Einheitenzertifikaten direkt aus ZEREZ entnehmen. Bezüglich der kostenpflichtigen Nutzung von ZEREZ können wir an dieser Stelle noch nichts sagen.
Wird der Zugriff auch die Prüfberichte einschließen oder nur die Zertifikate umfassen?
Der Zugriff auf ZEREZ wird vorerst nur die Zertifikate umfassen, insbesondere die Deckblätter – abhängig von der angemeldeten Rolle. Es besteht jedoch die Hoffnung, dass in naher Zukunft der "Digitale Anhang" ebenfalls dort verfügbar sein wird, zumindest für die Zertifizierer. Dieser Anhang enthält alle Details des vollständigen Einheitenzertifikats. In certflow ist diese Funktion bereits vorgesehen.
11. Beispiele/Einzelfälle
Wie bewerten Sie die folgende Vorgehensweise: Eine Anlage mit einer Leistung zwischen 200 und 270 kW wird in diesem Jahr mit einer Begrenzung auf 135 kW ans Netz angeschlossen. Der verbleibende Teil soll dann im nächsten Jahr "nachgemeldet" werden. Ist die 4105 gültig, wenn keine Anlagenzertifizierung vorliegt?
Unserer Einschätzung nach wäre das möglich. Die Realisierbarkeit hängt jedoch letztlich von der Entscheidung des Netzbetreibers ab. Wenn der Netzbetreiber auf die Finalisierung des FNN-Hinweises warten möchte, könnte eine endgültige Antwort erst gegen Ende 2023 vorliegen. Beachten Sie, dass bei einem Netzanschlusspunkt in der Niederspannung eine kumulierte installierte Leistung zwischen 270 und 500 kW im nächsten Jahr möglicherweise nicht ohne ein Anlagenzertifikat möglich ist. Detaillierte Informationen werden im FNN-Hinweis veröffentlicht, der Ende dieses Jahres erwartet wird.
Wie wirken sich Bestandsanlagen auf die Zertifizierungspflicht aus, insbesondere wenn eine bestehende Erzeugungsanlage bereits über ein Anlagenzertifikat verfügt und eine zusätzliche Erzeugungsanlage mit einer Leistung von < 135 kW hinzugefügt wird? Welche Zertifizierungsaspekte bezüglich Zertifizierung, 4105 oder 4110 sind zu beachten?
Die Gesamtleistung beider Anlagen wird berücksichtigt: Die gesamte Anlage muss gemäß der Norm zertifiziert werden, die für die kombinierte Leistung der bestehenden und der neuen Anlage vorgesehen ist.
Wird in der Grafik die Dauer für die Genehmigung präsentiert (Optimalfall 5 Monate; Typischer Fall 8 Monate) für den gesamten Zertifizierungsprozess (AZ, E11 und KE)? Oder beziehen sich diese Durchschnittszeiten nur auf die Erlangung des AZ (Provisorische Betriebsfreigabe)?
Damit ist der Gesamtprozess gemeint, einschließlich Inbetriebnahme und Konformitätserklärung.
Wenn wir bereits in diesem Jahr ein Anlagenzertifikat für eine Leistung unterhalb von 270 kW erhalten, könnte es sein, dass wir dann im Jahr 2024 keine Konformitätserklärung mehr benötigen?
Nein, diese Annahme teilen wir nicht. Eine definitive Regelung dazu wird voraussichtlich im zukünftigen FNN-Hinweis enthalten sein, der noch in diesem Jahr veröffentlicht werden soll.
Wie wird mit schrittweisen Inbetriebnahmen umgegangen, beispielsweise zunächst mit 270 kW und letztendlich 1 MW im Endausbau? Kann ein Teil der Anlage ohne Anlagenzertifikat installiert werden, bis sich die Leistungsgrenzen entsprechend aufsummieren?
Es ist wichtig, die Grenzen der Gültigkeit von Anlagenzertifikaten im Zeitraum zwischen der Inbetriebnahme der ersten und der letzten Erzeugungseinheit (Wechselrichters) in der Anlage zu beachten. Der Start ohne Anlagenzertifikat ist möglich, wenn die Einspeiseleistung auf 270 kW begrenzt wird. Es wäre auch möglich, die Anlagenzertifizierung erst vorzunehmen, wenn die kumulierte Leistung 500 kW überschreitet.
Welche Schritte sind erforderlich, wenn eine Erweiterung von unter 500 kW(AC) auf bis zu 630 kW(AC) geplant ist? Die erste Planung umfasst 259 kWp(DC), gefolgt von verschiedenen Erweiterungen.
Bei einer Erweiterung auf bis zu 630 kW(AC), beginnend von unter 500 kW(AC), wird ein Anlagenzertifikat notwendig. In unserer Region (Rheinland-Pfalz) nehmen die EVU's die Modulleistung als Anlagenwert, und ab 135 kWp fordern sie erhöhte Anforderungen. Sollten Sie Ihr nächstes Projekt über www.certflow.de abwickeln, prüfen wir gerne, ob es möglich ist, diese Netzbetreiber von einem anderen Ansatz zu überzeugen. Beachten Sie, dass dieses Vorgehen nicht mit der aktuellen Gesetzes- und Normenlage übereinstimmt.
Inwiefern wird die elektrische Leistung von bereits vorhandenen zwei kleineren BHKW und einem Notstromaggregat abgezogen, wenn der Kunde bereits solche Anlagen in Betrieb hat und nun eine Reform der Anlagenzertifizierung betrifft?
Richtig. Die kumulierte Leistung bezieht sich auf die Gesamtleistung aller AC-Nennleistungen der Erzeugungseinheiten (EZE) am gemeinsamen Netzverknüpfungspunkt. Hierbei werden alle EZE berücksichtigt, darunter Wechselrichter, Speicher, BHKW, Notstromaggregate, Windturbinen, etc. Die praktische Umsetzung durch die Netzbetreiber wird hoffentlich im zukünftigen FNN-Hinweis erläutert, der Ende des Jahres veröffentlicht werden soll.
Werden die Leistungen von einem 400 kWel BHKW und einer 200 kW PV-Anlage zur Bestimmung der Anlagenzertifizierung kombiniert?
Ja, in diesem Szenario ist die Zusammenfassung der Leistungen eines 400 kWel BHKW und einer 200 kW PV-Anlage erforderlich, um die Notwendigkeit eines Anlagenzertifikats zu erfüllen.
Wie wirken sich die Ausnahmeregelungen auf die Erweiterung bereits zertifizierter Bestandsanlagen aus? Im konkreten Fall: Eine bestehende Anlage umfasst 330 kW Wasserkraft und 135 kWp PV mit einem gemeinsamen MS-Anschluss. Ist es möglich, die Anlage um 30 kW zu erweitern, ohne erneut zertifizieren zu müssen?
Nein, dies ist nicht möglich, da sich die installierte Gesamtleistung der Anlage ändert und somit eine erneute Zertifizierung erforderlich ist.